JÜDISCHE ALLGEMEINE
Aus dem Artikel von Ayala Goldmann 07.10.2022
»BABYLON BERLIN«
DER GANGSTER SPRICHT JIDDISCH
Der israelische Schauspieler Mark Ivanir (54), geboren in Czernowitz und aufgewachsen in der Nähe von Bnei Brak (in Schindlers Liste von 1993 war er Marcel Goldberg), verkörpert in Babylon Berlin den Gangster Goldstein – mit finsterer Miene und schwerem Akzent. Eine gute Wahl ist auch Moisej Bazijan (72), ebenfalls gebürtig aus Czernowitz, als Goldsteins Onkel. Bazijan (bekannt durch seine Rolle als Dimas Opa in Masel Tov Cocktail von Arkadij Khaet) beherrscht die jiddische Sprache fließend. Das im Film gesprochene Jiddisch ist zwar teils »eingedeutscht« (sonst würde es das deutsche Fernsehpublikum wohl kaum verstehen), doch immer noch »authentisch« genug, um den Schmuckhändler Jakob Grün als Sympathieträger und warmherzigen Gegenspieler zu Goldstein, dem Jäger des »Blauen Rothschild«, zu zeichnen.
Süddeutsche Zeitung
Civis-Medienpreis für jungen Filmemacher"Niemand kennt 'n Heilmittel gegen den Scheiß"
Dimitrij Liebermann (Alexander Wertmann) führt durch sein Zuhause: eine Hochhaussiedlung mitten im Ruhrgebiet.
(Foto: SWR/Filmakademie Baden-Württemberg/SWR/Filmakademie Baden-Württemberg)
Der 29-jährige Arkadij Khaet leistet mit dem Film "Masel Tov Cocktail" den wohl besten Beitrag zum Thema Antisemitismus dieser Tage - und braucht dafür nur eine halbe Stunde.
Von Theresa Hein
Warum enden nicht mehr Filme mit diesem "Uff"-Gefühl, das man, wenn der Abspann von "Masel Tov Cocktail" über den Schirm läuft, irgendwo zwischen Luftröhre und Zwerchfell spürt? Und überhaupt - wer braucht langsame Erzähltechniken, wenn es Menschen gibt, die in einer halben Stunde fast alles sagen können, was wichtig ist?
Allzu viel will man über diesen Film gar nicht verraten, aus Angst, man könnte ihm etwas von seiner Kraft nehmen. Aber ein bisschen was muss sein: Dimitrij "Dima" Liebermann ist Jude und hat in der Schule Tobias eins auf die Mütze gegeben, weil der antisemitische Ressentiments geäußert hat. Wobei das zu hochtrabende Worte sind, für das, was der Jugendliche sich geleistet hat: Recht drastisch hat der "Schulkamerad" pantomimisch dargestellt, was "man früher" mit Juden gemacht hätte. Und Dima ist ausgeflippt.
Seitdem ist die Nase von Tobias gebrochen und Dima eine Woche von der Schule beurlaubt. Dimas Eltern, die in den Neunzigerjahren von Russland nach Deutschland gekommen sind, finden, ihr Sohn solle sich am besten mit einem Blumenstrauß entschuldigen und außerdem sei ihr Sohn kein Rowdy. Es folgen eindringliche, aber zutiefst unterhaltsame 30 Minuten darüber, was es heißt, in Deutschland als Jude aufzuwachsen, inklusive belämmerte Tipps von überforderten Pädagogen und Fremdscham-Momenten mit Gleichaltrigen.
Dimas Opa lässt sich von neuen Rechten beeindrucken
Was macht diesen Film so beeindruckend? Da ist einerseits diese Auf-die-Zwölf-Regie, die sich Arkadij Khaet mit seinem früheren Filmhochschulkollegen Mickey Paatzsch geteilt hat - knappe Szenen, in denen genau so viel europäische Geschichte verhandelt wird wie nötig, außerdem die fällige Kulturkritik an jüdischen Schwarz-Weiß-Darstellungen. Hinzu kommt das Drehbuch von Arkadij Khaet und Merle Kirchhoff, in dem Sätze fallen wie: "Antisemitismus ist wie Herpes. Niemand kennt 'n Heilmittel gegen den Scheiß, man klebt kleine Pflaster auf die Eiterblasen und hofft, dass er schnell wieder verschwindet." Aber auch die kleinen, ironischen und doch schmerzhaften Szenen beeindrucken - etwa die Begegnung von Dimas Opa mit einem neuen Rechten (mit Herpes!), der mit ihm über den Kampf gegen den "arabisch importierten Antisemitismus" spricht, woraufhin Dima seinen Opa an der Hand nimmt, ihn auf die Wange küsst und geht.
Die Kameraführung von Nikolaus Schreiber ist alles andere als unauffällig und schiebt sich wie ein zweiter Protagonist in die Erzählung, ein lauter Verbündeter der Hauptfigur. Und da ist natürlich noch die personifizierte Wucht von der ersten Sekunde an: Hauptdarsteller Alexander Wertmann spielt den 16-jährigen Dima, der einfach nur seine Ruhe haben will und sich mit Identitätszuschreibungen rumschlagen muss, glaubwürdig und einfühlsam. Die Identitätssuche, eigentlich ein konfessionsübergreifendes Problem von Jugendlichen, das sich als junger Jude in Deutschland aber, wie man in diesem Film sieht, ins Unerträgliche steigern kann. Die Grundfrage: Wie soll man das aushalten?
Völlig zu Recht ist das halbstündige Filmprojekt von Arkadij Khaet am Freitag mit gleich zwei Preisen der Civis-Medienstiftung ausgezeichnet worden. "Masel Tov Cocktail" ist ein kleines Wunder, so unpeinlich, so authentisch, so schön und schrecklich anzusehen. Hier hat ein fähiges Team an jungen Menschen ein Kunstwerk aus der Alltäglichkeit des vermeintlich schon hundertmal Erzählten heraus geschaffen.
Vorwort zum Workshop an der Theaterakdemie August Everding München. 2000
Bericht von http://www.henrikeger.com/Theatre-Arts.php
March 21, 2007
Festsaal Vienna, Austria
Henrik Eger, English-German interpreter for Ukrainian director and American actors
I interpreted from German into English for the workshop “Role Analysis through Action,” taught by Moisej Bazijan, former Artistic Director of the Jewish Theatre of Lemberg, Ukraine, now Munich, Germany. Within a short period of time, he taught the participating American actors a kind of “Stanislavsky plus” method—training them to use this technique to generate actions for their characters while performing a scene from Anton Chekhov’s Seagull.
Bazijan then introduced the actors to a passage from Zilinski ist tot(Zilinski is dead) by Franz Mon—one of Germany’s most avant-garde authors. The acting by the young Jewish-American performers, rolling on the floor under a table, head to head, reciting Mon—was so persuasive that during those moments I actually thought my American friends had permanently and irrevocably transformed into Beckett characters on speed.